Datenstandards im Schweizer Roholzbereitstellungsnetzwerk
Die Kommunikation zwischen den Akteuren im Rohholzbereitstellungsnetzwerk erfolgt oft mündlich und analog. Gerrit Balindt beschreibt sie in seiner Masterarbeit «Vergleich von digitalen Prozessstandards zur Kommunikation der Akteure der Holzbereitstellungskette im deutschsprachigen Raum» als fehleranfällig, durch Medienbrüche geprägt und schwer dokumentierbar. Weitere Besonderheiten der Forstbranche sind, dass die Forstbetriebe und Waldbesitzer als Anbieter sehr unterschiedliche Ausgangslagen bezüglich Angebotsmengen, verfügbarer Ressourcen oder Prozessabläufe aufweisen. Zudem stehen ihnen in der verarbeitenden Industrie vergleichsweise wenige Abnehmer gegenüber. Diese Ausgangsbedingungen führen zu einem hohen Kommunikations- und Koordinationsaufwand, sofern nicht intelligente Lösungen für den Datenaustausch eingesetzt werden.
Voraussetzungen
Im Rahmen der Initiative Wald & Holz 4.0 wurde deswegen das Thema Datenstandards in der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft eingehender betrachtet – mit Fokus auf ELDATsmart. Bei der Etablierung von Standards handelt es sich um ein klassisches Thema der Digitalisierung, welches erst einen ersten, aber notwendigen Schritt auf dem Weg zu Industrie 4.0 darstellt.
Zur Unterstützung der Rohholzbereitstellung stehen viele Lösungen kommerzieller Anbieter zur Verfügung, die sich an einzelne Forstbetriebe richten oder die Informations- und Warenströme entlang des Wertschöpfungsnetzwerks koordinieren. Für das Rohholzbereitstellungsnetzwerk existieren mehrere Datenformate und -standards, jedoch werden diese in der Schweizer Forst- und Holzwirtschaft noch nicht durchgängig genutzt. Eine weitere Voraussetzung, welche den Einsatz standardisierter Formate erst ermöglicht, ist eine geeignete IT-Infrastruktur.
Was sagen die Akteure?
Im Rahmen des Projektes wurden Akteure der Schweizer Forst- und Holzwirtschaft zum Thema befragt. Bezüglich der eingesetzten IT-Tools bestehen grosse Unterschiede, die Anzahl ist jedoch überschaubar. Eine zentrale Rolle bei der Datenverwaltung übernimmt GIS-Software. Die am häufigsten verwendeten Datenformate sind CSV, Excel, SHP. Standards wie ELDATsmart oder StanForD werden selten eingesetzt. Die Befragten bekundeten jedoch Interesse am Thema, weil sie Potenziale zur Kostensenkung, Rationalisierung von Prozessen, Vereinfachung der Kommunikation und Erhöhung der Datenqualität sehen. Als erschwerende Faktoren bei der Digitalisierung und Standardisierung gaben sie das Kompetenzniveau der Mitarbeiter in diesen Bereichen, die komplizierte Einführung und Wartung der Systeme, die Benutzerfreundlichkeit und die Anpassung an die eigenen Bedürfnisse sowie den Preis der Lösungen an.
Aus ELDAT…
ELDAT steht für «elektronischer Datenaustausch Holzdaten». Es handelt sich dabei um einen Schnittstellenstandard für die Übertragung von Holz- und Betriebsdaten im Holzlogistiknetzwerk. Der Standard wurde durch die an der Holzlogistik beteiligten Akteure Deutschlands definiert. Die Einführung erfolgte 2002 mit dem Ziel einer Vereinfachung des fehleranfälligen und zeitaufwändigen Datenaustauschs zwischen den Akteuren. Der Standard wurde allerdings nur unzureichend genutzt, weil er weiterhin bilaterale Absprachen zwischen den Partnern ermöglichte und damit zu wenig standardisierend wirkte. Weitere Gründe für den geringen Erfolg waren auch niedrige IT-Kapazitäten in den kleinen Betrieben oder direkte Marktpartner, die den Standard nicht verwendeten.
…wurde ELDATsmart
Nach einer Überarbeitung des Standards im Projekt ELDATsmart wurden die von den Anwendern kritisierten Punkte verbessert und mit www.eldatstandard.de eine Webseite geschaffen, die es kleinen Betrieben auch ohne spezialisierte EDV ermöglicht, den Standard zu nutzen. Die Webseite ermöglicht das Erstellen, Einlesen und Anzeigen von .eldat-Dateien und enthält einen Nutzerleitfaden. Die Übertragung der ELDAT-Dateien erfolgt im JSON-Format, entweder per E-Mail oder mit Datenaustauschprotokollen.
Die Kernprozesse im Rohholzlogistiknetzwerk werden mit ELDATsmart durch fünf Module abgebildet: Holzbereitstellung, Transportauftrag, elektronischer Lieferschein, Messprotokolle Wald und Werk sowie Abrechnung. In den Modulen gibt es Pflichtfelder und optionale Zusatzangaben. Referenzlisten definieren die möglichen Eingaben, damit eine Standardisierung gewährleistet ist. Alle Module enthalten Informationen zum Versandzeitpunkt, dem Status der Meldung und dem Standort.
Abb. 1: Datenaustausch über ELDATsmart-Module (Quelle: Patrick Dietsch, BFH-HAFL)
Standards annähern
Für ELDATsmart wurde von der Plattform Forst und Holz eine Rahmenvereinbarung geschlossen, um die digitale Datenlogistik zwischen Wald und Werk deutschlandweit einheitlich zu regeln. Derzeit läuft ein Projekt, welches die Standards ELDATsmart und FHP einander annähern und die Kompatibilität der Daten gewährleisten soll. Zudem wird daran gearbeitet, in Zukunft auch weitere Länder über diesen Standard mit einzubinden.
Einführung auch in der Schweiz sinnvoll?
Unbestritten ist, dass der Einsatz von Datenstandards Kostensenkungspotentiale bietet. Deswegen wird kaum ein Weg an einer Standardisierung vorbeiführen. Betriebe, die weiterhin analog kommunizieren, werden einen Wettbewerbsnachteil aufweisen. Derzeit hat sich in der Schweiz mit dem von vielen Betrieben genutzten WinforstPro der Latschbacher GmbH mit dem wfp-Format eine Art Industriestandard etabliert. Wie die meisten grossen Anbieter von Software für die Verarbeitung forstbezogener Daten ist WinforstPro in der Lage, die gängigsten Standards (FHP, ELDATsmart) zu verarbeiten.
Die Einführung eines landesweit einheitlichen Datenstandards erscheint sinnvoll, wenn er dann auch genutzt wird. Das Aufzeigen des Mehrwerts der Standardisierung wird für die Akzeptanz eines Standards eine zentrale Rolle spielen.
Empfehlungen aus dem Projekt
Die Empfehlung aus dem Projekt ist, das Thema Standardisierung in der Schweizer Wald- und Holzbranche detaillierter zu betrachten. Es empfiehlt sich die Bildung eines Gremiums mit wichtigen Vertretern aus der Wald- und Holzbranche, die gut mit den Logistikabläufen der Betriebe vertraut sind und sich idealerweise auch mit der Datenverarbeitung auskennen. Für die Rohholzlogistik in der Schweiz sind standardisierte Abläufe zu entwickeln, welche die Logistikprozesse abbilden. Darauf aufbauend ist ein Standard für die Datenübergabe zu etablieren. Wird ein bestehender Standard übernommen, sollte geprüft werden, ob sich mit den Eingabemöglichkeiten die Prozesse abbilden lassen. Eine Abstimmung mit den Nachbarländern für den internationalen Datenaustausch ist sinnvoll. Durch die Nutzung eines bestehenden Standards wäre das Risiko einer Veralterung deutlich geringer, als wenn ein nationaler Standard etabliert wird oder bilaterale Lösungen zwischen Betrieben realisiert werden. Eine gemeinsame Sprache in Form von Datenstandards ist die Grundlage, um mit Blick auf Industrie 4.0 die Systeme im Wertschöpfungsnetzwerk intelligent zu vernetzen.
Text: Patrick Dietsch, Berner Fachhochschule