Datenaustausch im Produktionsnetzwerk

Im Zuge der digitalen Transformation trifft man häufig auf die Aussage: Daten sind das neue Öl. Die besondere Bedeutung der Daten liegt in den technologischen Möglichkeiten, sie zu generieren, verarbeiten, speichern und transportieren. Zudem sind sie entmaterialisiert und globalisiert. Durch den Datenaustausch in Produktionsnetzwerken sind neue Konzepte möglich, welche die Wirtschaft nachhaltig verändern dürften.


Ein Trend liegt in der durchgängigen Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungsprozesse. Weniger Fehler, kürzere Durchlaufzeiten, geringerer Bearbeitungsaufwand, mehr Transparenz bis hin zur Selbststeuerung sind Treiber dieser Entwicklung. Aber auch neue Serviceangebote werden möglich und können mitunter Geschäftsmodelle beeinflussen. Ein weiterer Trend liegt in der dezentralen Produktion und in projektweisen Kooperationen.


Ein erster Schritt

Der vollständige Vernetzungsgedanke ist eine Vision, die vielleicht nie Wirklichkeit wird. Aber einzelne konkrete Schritte können gemacht werden. Ein solcher Schritt stellt dieses Teilprojekt der Initiative Wald & Holz 4.0 dar.

Für den betriebsinternen Datenaustausch wurde eine Methode entwickelt, um Anwendungsfälle zu identifizieren und priorisieren. Damit wird ersichtlich, welche Tätigkeiten wieviel Aufwand generieren und bei welchen Tätigkeiten wieviel Sparpotenzial besteht. Die Methode wurde in Workshops angewandt und ein erstes Benchmarking durchgeführt. Das Analysetool «Daten Check 4.0» steht auf der Website der Initiative Wald & Holz 4.0 zur Verfügung.


Doppelerfassungen vermeiden

Kern des Datenaustauschs ist die Vermeidung von Doppelerfassungen: Daten, die bereits irgendwo in einem System, unabhängig ob betriebsintern oder betriebsübergreifend, vorhanden sind, sollen nicht nochmals generiert werden müssen. So wird im Daten Check 4.0 in einem ersten Schritt systematisch analysiert, welche Erfassungen wie viel Aufwand verursachen. Zu diesem Zweck wurde aus dem Bieler Unternehmensdatenmodell eine Erfassungstabelle abgeleitet. Darin lässt sich für jede Datenerfassungsaufgabe im Unternehmen abschätzen, wieviel Aufwand sie benötigt.

In einem zweiten Schritt wird zusätzlich geschätzt, wieviel des jeweiligen Aufwandes durch aktuell verfügbare Technologien eingespart werden kann. Diese Schätzung hängt unter anderem stark vom Vorwissen der Schätzenden ab. Sie kann aber trotzdem einen Anhaltspunkt liefern, insbesondere eine Grössenordnung für eine mögliche Investition.


Einsatz in allen Verarbeitungsstufen

Das Analysetool wurde in Workshops mit insgesamt 15 Personen aus acht Unternehmen getestet. Sieben Unternehmen stammten aus der zweiten Verarbeitungsstufe, ein Unternehmen aus dem Forstbereich. Instruktion und Ausfüllen der Tabelle dauern ungefähr zwei Stunden. Für Unternehmen der zweiten Verarbeitungsstufe funktioniert das Tool sehr gut, vom handwerklich orientierten Kleinunternehmen bis zur industriellen Fertigung. Für den Forstbereich kann das Tool Anhaltspunkte liefern. Allerdings passen einige der aufgeführten Tätigkeiten und Begrifflichkeiten nicht optimal. Das bedingt eine Abstraktion durch die Schätzenden oder eine Anpassung der Begriffe an den Forstbereich. Aufgrund dieser Erfahrungen liegt die Vermutung nahe, dass das Tool mit kleinen Einschränkungen auch für die erste Verarbeitungsstufe eingesetzt werden kann.


Aufwand und Sparpotenzial

Der Gesamtaufwand der Datenerfassung setzt sich zusammen aus über 100 einzeln geschätzten Aufgabenbereichen. Verteilt man den Aufwand anteilig nach Kategorien auf das Bieler Unternehmensdatenmodell, ergeben sich aus der Stichprobe drei Hotspots, die zusammen 56 % des Gesamtaufwandes ausmachen:

  • 22 % des Gesamtaufwandes für die Datengenese fallen auf den Verkauf,
  • 18 % des Gesamtaufwandes für die Datengenese fallen auf die Produktplanung,
  • 16 % des Gesamtaufwandes für die Datengenese fallen auf die Produktentwicklung.


Bei den Unternehmen zeigt sich eine deutliche Streuung. Anbieter standardisierter Produkte (Möbelfabrik) haben einen höheren Aufwand in der Produktentwicklung, während Anbieter individueller Produkte (Schreinerei) einen höheren Aufwand in der Produktplanung haben.

Für alle der über 100 Aufgabenbereiche haben die Teilnehmenden auch das Sparpotenzial geschätzt. Verteilt man das anteilsmässig nach Kategorien auf das Bieler Unternehmensdatenmodell, zeigt sich, dass sich in verschieden Kategorien etwa 20 % des Aufwandes für die Datengenese durch Einsatz aktueller Technologien und Prozesse einsparen liessen.


Erkenntnisse Daten Check 4.0

Nutzt ein Unternehmen den Daten Check 4.0, erhält es folgende Erkenntnisse:

  • Systematische Abschätzung über das gesamte Unternehmen, in welchen Tätigkeitsbereichen wie viel Aufwand für die Datengenese betrieben wird.
  • Systematische Abschätzung über das gesamte Unternehmen, in welchem Tätigkeitsbereich nach aktuellem Kenntnis- und Technologiestand welches Sparpotenzial durch Datenaustausch besteht.
  • Vergleich des Aufwands für die Datengenese in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen des eigenen Unternehmens mit dem Branchendurchschnitt.
  • Vergleich des geschätzten Sparpotenzials in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen des eigenen Unternehmens mit dem Branchendurchschnitt.


Projekte definieren

Durch die Analyse der Ausgangssituation lässt sich bereits eine erste Priorisierung ableiten. Tätigkeitsbereiche mit minimalem Sparpotenzial müssen vorerst nicht weiter betrachtet werden. Für die Tätigkeitsbereiche mit relevantem Sparpotenzial lassen sich konkrete Projekte ableiten. Ein typisches Beispiel wäre die Programmierung des CNC-Bearbeitungszentrums, die einen hohen Aufwand verursacht und erhebliches Sparpotenzial beinhaltet. Mögliche Projekte könnten beispielsweise eine Programmierung über regelbasierte Konstruktionen und Umsetzung über Parametrik, Komposition, Hierarchisierung sein oder eine Programmierung aus dem CAD über ein CAM-Modul.


Machbarkeit klären

Für die konkreten Projekte kann nun die Machbarkeit geklärt werden. Dabei scheint wichtig, dass mehrere Dimensionen geprüft werden: Die technische, personelle und die finanzielle Machbarkeit. Bei der technischen Machbarkeit soll abgeklärt werden, ob erprobte Lösungen bestehen, welche Risiken es gibt, wie die Bindung an einen Partner ist, ob das System update-fähig ist, ein Service besteht und neue Entwicklungen zu erwarten sind.

Bei der personellen Machbarkeit sollte danach gefragt werden, ob genügend Know-how und personelle Ressourcen vorhanden sind, die Mitarbeitenden motiviert sind und ob eine Abhängigkeit von Einzelpersonen entsteht. Bei der finanziellen Machbarkeit schliesslich sollte man untersuchen, wie hoch die Investitions- und Unterhaltskosten sind und wie die Preisentwicklung aufgrund des technologischen Wandels ist.


Projekte priorisieren

Aus den vorangegangenen Schritten sind Projekte mit einer Abschätzung von Nutzen und Machbarkeit entstanden. Vermutlich sind aus diesen Grundlagen die Prioritäten ohne weitere Analysen bereits ersichtlich. In einem weiteren Schritt können die Projekte auf einer Zeitachse eingetragen werden. So entsteht eine betriebsspezifische Roadmap zur Datenvernetzung.

Wo es wirtschaftliche Lösungen gibt, können Projekte geplant und umgesetzt werden (siehe oben). Darüber hinaus stellt sich die Frage nach Tätigkeiten, die einen hohen Aufwand für die Datengenese verursachen, obwohl die Daten ganz oder teilweise in anderen Systemen bestehen und für deren Austausch es keine oder keine wirtschaftlichen Lösungen gibt. Es geht also um die Entwicklung von neuen Lösungen.



Autoren: Rolf Baumann, Andreas Eigenheer, beide Berner Fachhochschule BFH